Grob könnte man mit einer Bezeichnung wie “komponierender Gitarrist zwischen Jazz und Klassik” zusammenfassen, wo sich der Focus seiner Tätigkeit befindet. Aber das wäre etwas plump. Vielleicht ist es einfach nur die Musik eines Gitarristen dieser Zeit, der keinen Unterschied zwischen Populärem und Ernstem, Improvisiertem oder Auskomponiertem macht.

Die Musik seiner veröffentlichten Aufnahmen besteht aus einer großen Bandbreite: Renaissance, Barock, Klassik, Romantik, Jazz, Fusion, Rock, Blues, Funk, Latin-Music – falls Kategorien benötigt werden. Die veröffentlichten Noten seiner Kompositionen widmen sich sowohl pädagogischen Aspekten als auch zeitgenössischen Kompositionsverfahren. Was steckt dahinter?

In seiner künstlerischen Laufbahn gibt es eine wilde Orientierungsfahrt zwischen klassischem Gitarrenstudium, zahlreichen (mehr oder weniger erfolgreichen) Bandprojekten, Meisterkursen, Konzerten in Kneipen, Kirchen und Konzertsälen, Unterrichten, gelungenen (und misslungenen) Studioaufnahmen, Komponieren, Bearbeiten und … Üben. Viele unterschiedliche Musiker prägen seine Musik, unter ihnen beispielsweise der aus ‘Globe Untity’ – Zeiten international bekannte Bassklarinettist Michel Pilz, mit seinen intuitiv, aber konsequent strukturierten, druckvollen ‘freien’ Improvisationen oder der weltberühmte Trompeter Randy Brecker, mit seinen tonal und rhythmisch meisterhaften Solos. Aber auch die virtuose, temperamentvolle Interpretation eines Eliot Fisk, oder die komplexe, ideenreiche Gestaltung des Drummers Phil Maturano nehmen ebenso wie der Kompositionsunterricht bei Ingo Schmitt Einfluss auf seine Entwicklung. Er gehört zu einer Komponisten-Generation, die in Proberäumen aufwächst. Die verschiedenen musikalischen Ausdrucksformen anderer Musiker wecken in ihm immer wieder die Suche nach neuen Klangmöglichkeiten. Hierbei spielt die Improvisation eine zentrale Rolle:

“…Wenn ich darüber nachdenke, war das Improvisieren eigentlich immer ein Schwerpunkt meiner Arbeit. Jedes Stück, das aufgeschrieben wird, entsteht aus einer Improvisation, die bei dem Versuch, sie zu wiederholen schon wieder anders sein kann. Wenn es möglich ist, mehrere Versionen zu behalten, ist die Chance, daß ein Stück gelingt, größer. Das Improvisieren als Musizierart ist dagegen eher ein Prozeß des Reagierens, eine Affekthandlung; denn so schnell ist es nicht möglich, sich das beste auszusuchen. Man reagiert dabei zunächst auf das vorangegangene, dann auf den musikalischen Kontext, wie etwa Rhythmik oder Harmonik, auf die Mitmusiker, auf das Publikum, auf das Instrument, auf den Raum, auf die Temperatur u.s.w. – möglicherweise alles innerhalb eines Bruchteils von Sekunden: dies kann nur unbewußt geschehen. Dadurch ist jedoch auch ein direkter ,Draht zu den innersten Gefühlen hergestellt: es wird nicht bewußt (aus-)sortiert. Für mich bedeutet das Improvisieren ehrlich sein zu können.”

Seine Konzerte dokumentiert die Presse in folgender Weise:
„Gitarrist Michael Borner, ein Improvisationskünstler ersten Ranges, war das musikalische Herz des Abends – pulsierend, äußerst virtuos. Kopf und Seele verbanden sich bei dem Künstler zu einer anregenden Konstellation. Er gab die entscheidenden musikalischen Signale an seine Mitspieler weiter, war Treibriemen und Hauptgestalter zugleich.”
Zunehmend fliessen nun alle Band-Erfahrungen und -Gewohnheiten, vor allem die seines langjährigen Trios mit Bass (Rolf Fahlenbock) und Schlagzeug (Peter Even) (CD Anyone) – auch in seine Solo-Konzerte mit ein, viele Stücke werden groove-orientierter, polyphoner, harmonisch komplexer. Es scheint, dass seine vielfältigen musikalischen Erfahrungen in immer größerem Umfang seine Solokonzerte prägen. Dies sogar, wenn er – wenn auch selten – Stücke von Komponisten wie Leo Brouwer, Manuel M. Ponce oder Joaquin Rodrigo in sein Programm aufnimmt, so bemerkt die Presse beispielsweise:
„Borner bestach durch seine Finesse in bezug auf die pfiffige und schwungreiche Ausgestaltung der volkslied-charakterhaften Melodien und der südamerikanisch hitzigen Rhythmen. Da brach der Vollblutjazzer Michael Borner durch, der mit leidenschaftlicher Verve die folkloristischen und jazzharmonischen Elemente der impressionistischen Stücke zu einem wahrhaften Schlußhighlight verhalf.”
Aber diese eigene Spielweise bleibt nicht exklusiver Bestandteil seiner Solokonzerte, auch im anderen Kontext z.B. bei dem Soloprojekt „Sounds to flow – music for tape & guitar” (1990), das er für einen Skulpturenpark verwirklichte, dem eigenen Konzert für Gitarre und Orchester „Zum Ende einer Zeit”, das er 1995 mit dem Aachener Kammerorchester uraufführte, oder mit seinem Ensemble „music from different places”, einem Jazzquartett mit Percussion und Streichern, bleibt sein Stil, verknüpft mit Leidenschaft und Temperament unverkennbar. „Südamerikanisches Temperament riß mit – Große Leidenschaft in leisen Tönen” beschreibt die Presse sein Spiel, „Ein echter Virtouse. Michael Borner fesselte seine Zuschauer an seine Gitarre. Kaum zu glauben, was er mit dem Instrument alles macht.” heißt es, oder: „Borner zeigt so seelenvoll alle Facetten großen Gitarrenspiels, dass man, wüsste man nicht, dass er Deutscher ist (einer der besten Gitarristen der Szene hier), ihm eine südamerikanische Herkunft zuschreiben würde.”

Neben seinen Trio-Besetzungen sind es zahlreiche Bandprojekte, die seinen Gitarrenstil prägen. Für die Jazz/Rock/Fusion Bands “Sun”, mit “X-Port”, “The Gusch”, “Vida Mia”, “MB Quartett” war Michael Borner nicht nur Gitarrist, sondern auch “Stückelieferant”.

Mehr dazu in seinem Werkeverzeichnis.

Solo – Veröffentlichungen wie “Thoughts…Unspoken”, auf der neben eigenen Stücken und Improvisationen auch Bearbeitungen bekannter Jazzgrößen bzw. -Formationen zu hören sind, zeigen, wie auch  “Aria Con Variazioni” oder “Classical Guitar”, seine umfangreichen Erfahrungen bezüglich unterschiedlichster Musikstile. Das neueste Album “Yin” lässt die klassische Gitarre durch ein weites Jazzland reisen.